Warum überhöhte Bewertungen am Ende Vermögen vernichten
Sechs Bewertungsfallen, in die viele Eigentümer tappen
Sechs Bewertungsfallen, in die viele Eigentümer tappen
Was sich toll anhört, führt in Wahrheit geradewegs in den Ruin: Überhöhte Preisvorstellungen bei Immobilien Bewertungen machen eine Immobilie schlicht unverkäuflich und vernichten das Kapital ihrer Eigentümer.
Trotzdem erleben wir immer wieder, dass gerade Eigentümer von dem Ergebnis einer seriösen Bewertung ihrer Immobilie enttäuscht sind. Manchmal liegen ihre Erwartungen sogar um 25 Prozent über dem von uns ermittelten Wert.
Woran liegt das? Nach unserer Erfahrung gibt es sechs Bewertungsfallen, in die viele Eigentümer tappen. Ganz gleich, ob es um eine Immobilie geht, die sie selbst bewohnen, oder um ein reines Anlageobjekt. Die Emotionen spielen ihnen einfach einen Streich.
Sind Ihre Kinder für Sie die schönsten Geschöpfe unter der Sonne? Ist Ihr Oldtimer das am besten gepflegte Exemplar aller vergleichbaren Modelle? Schmeckte der Obstkuchen, den Sie bei ihrer Oma gegessen haben, einfach unerreichbar gut?
Wenn Sie mindestens eine Frage mit “Ja” beantwortet haben, ist das keine Überraschung und muss Ihnen auch nicht peinlich sein. Es ist urmenschlich und wahrscheinlich angeboren.
In der Psychologie ist das Phänomen als „Mere-Exposure-Effekt“ bekannt. Sei’s drum. Es ist einfach normal, dass die Dinge, die wir öfters sehen, uns automatisch schöner und besser vorkommen als sie sind. Allein die Gewöhnung führt zu einer gewissen Vertrautheit und diese wiederum zu einer Überschätzung.
Im wirtschaftlichen Umfeld kennt man dieses Phänomen als “Besitztumseffekt”: Alles, was einem gehört, schätzt man wertvoller ein als das, was einem anderen gehört.
Oft kommt noch eine Variante des sogenannten IKEA-Effekts hinzu: Eigenhändig (Auf)gebautes halten wir automatisch für besser und wertvoller als das fertig Gekaufte. Und das, in das wir Mühe jeder Art investiert haben, auch.
Erinnern Sie sich noch an Ihren Stolz, als das Gartenhäuschen endlich stand? Das Mietshaus endlich vernünftige Fenster kriegte? Und das Ladenlokal eine supermoderne Heizung?
Sehen Sie! Für Sie war das ein einschneidendes Ereignis. Weil Sie sich kümmern mussten, Ärger mit den Handwerkern hatten und eine ordentliche Summe für alles gezahlt haben. Und am Ende waren Sie stolz auf das Erreichte. Dadurch ist der Wert Ihres Eigentums für Sie deutlich gestiegen. Aber für Außenstehende sind diese Dinge schlicht und einfach ein Muss.
Dass wir alle dazu neigen, von der goldenen Vergangenheit zu schwärmen, wissen wir. Früher war alles besser. Besonders stark ist dieses Gefühl, wenn es um die eigene Kindheit geht. Da erscheinen der Ort, die Straße, das Haus, der Garten, in dem man aufgewachsen ist, in ganz besonders güldenem Licht.
Auch hier wissen wir alle, dass das eher eine Sinnestäuschung ist. Aber wir fallen alle immer wieder darauf rein. Und sehen einfach nicht, dass die Straße mittlerweile eine laute Hauptverkehrsader geworden ist, das Haus viele Baumängel aufweist und der Garten schon lange keinen Gärtner mehr gesehen hat.
„Weißt du noch …?“ – „Was! Das ist schon sooo viele Jahre her? Kommt mir vor, als wäre es gestern gewesen!“ – wer kennt diese Unterhaltungen nicht! Und je älter man wird, desto öfter finden sie statt. Erwiesenermaßen werden mit zunehmenden Alter die Zeiträume kürzer wahrgenommen als sie tatsächlich waren. Woran das genau liegt, darüber ist die Wissenschaft sich noch nicht einig.
Dass es aber definitiv so ist, können wir als Makler immer wieder erleben. Oft sagen unsere Kunden ganz spontan und im Brustton der Überzeugung, dass ihr Bad „ganz neu“ und die Heizung „soeben“ erneuert worden seien. Beim Blick in die Unterlagen stellen wir dann fest, dass beides bereits über zehn Jahre alt ist. Dann ist das Erstaunen groß und die Enttäuschung auch.
Der oben erwähnte Mere-Exposure-Effekt bzw. Besitztumseffekt gepaart mit einem Quäntchen Eitelkeit schlägt nochmal in einer besonderen Variante zu, wenn es um den Verkauf von Wohnanlagen mit mehreren Mietern geht. Eigentümer, die ihre Mieter schon lange kennen, überschätzen oft ihre Beziehung zu den Mietern und sind davon überzeugt, dass sie auch für ihre Mieter etwas ganz Besonderes sind.
Schon während der Bewertungsphase achten sie daher sorgfältig darauf, dass Mieterinnen und Mieter von den Verkaufsgesprächen nur ja nichts mitbekommen. Sie sollen „sich nicht beunruhigen“ oder gar ausziehen aus Angst vor einem neuen schlechteren Vermieter.
Unsere Erfahrung: Diese Vorsicht ist in den meisten Fällen unbegründet. Die Mieter stellen sich schnell auf neue Eigentümer ein. Es handelt sich für sie eben doch nur um eine ganz normale Geschäftsbeziehung und keine persönliche Bindung.
Auch die vermeintlich neutralen Bewertungen, wie sie zahllose Internetportale anbieten, sind reine Marketing-Gags und haben mit seriöser Bewertung rein gar nichts zu tun. Diesen Portalen geht es einzig darum, Adressen von Verkaufswilligen zu sammeln. Insbesondere für Anlageimmobilien in ländlicheren Regionen ist die Datenbasis viel zu dünn, um seriöse Aussagen machen zu können. In städtischen Regionen liegen zwar wesentlich mehr Daten vor, aber die fußen auf den – sehr oft überhöhten – Angebotspreisen. Realistische Marktpreise lassen sich so nicht ermitteln.
Natürlich sind vor diesem Hintergrund die Enttäuschungen angesichts nüchtern und umfassend ermittelter Verkaufspreise vorprogrammiert. Wir warnen daher dringend davor, unreflektiert dem eigenen Bauchgefühl zu folgen.
Wie böse das enden kann, haben wir soeben wieder erlebt:
Ein Kunde will sein Wohn- und Geschäftshaus verkaufen. Wir schauen uns Ladenlokal, Wohnungen, Dach und Hof genau an, messen die Feuchtigkeit, vergleichen mit anderen Anlageobjekten und ermitteln unter Berücksichtigung weiterer Kriterien einen realistischen Verkaufspreis.
Nach ein paar Tagen teilt der uns mit, dass er von einem anderen Makler eine um 80.000 Euro höhere Werteinschätzung erhalten habe. Er habe jetzt diesen Makler mit dem Verkauf beauftragt. Der wiederum stellt das Objekt mit dem überhöhten Preis in die einschlägigen Internetportale.
Nach rund vier Monaten reduziert er den Verkaufspreis bereits um 50.000 Euro. Nach weiteren zwei Monaten verschwindet die Anzeige ganz.
Kurz danach erhalten wir einen Hilferuf, wir mögen doch bitte die Immobilie verkaufen. Aber wir lehnen ab. Denn durch die lange Präsenz auf den Portalen und die sichtbaren Preisreduktionen war das Objekt unwiderruflich “verbrannt“.
Die Konsequenzen für den Eigentümer: Er bleibt auf einer unverkäuflichen Immobilie sitzen, muss sich weiter um das Haus und die Mieter kümmern, eventuell anfallende Investitionen tätigen und die Zinssituation hat sich ebenfalls für ihn ungünstig verändert.
Vor solchen Reinfällen wollen wir unsere Kunden natürlich bewahren. Unser Rat: Seien Sie sich erst einmal bewusst, dass Sie Ihre eigene Immobilie meist ein wenig überbewerten, schlicht und einfach, weil es Ihre ist. Lassen Sie deshalb lieber einen seriösen und erfahrenen Fachmann ran, der die Bewertung tatsächlich objektiv und nach allen Regeln der Kunst durchführt. Und dann vertrauen Sie ihm (oder ihr 😉)